Gruppenentscheidungen mit Systemischem Konsensieren

Ein Boxhandschuh und zwei Federn ineinander verschlungen im Manga Stil illustriert

Das Systemische Konsensieren ist eine Methode zur Entscheidungsfindung. Es beginnt mit einer Frage oder Aufgabe, zu der man die nachhaltigste und tragfähigste Lösung für die Gruppe finden möchte. Das Besondere an dieser Methode ist, dass die Entscheidung durch eine Abfrage der Widerstände stattfindet, anstatt einer Mehrheitsabfrage, wie eigentlich üblich. Dabei geben die Beteiligten nicht ihre Stimme für ihre favorisierte Option, sondern sagen, wie groß ihr Widerstand gegen jede der vorgeschlagenen Optionen ist. Am Ende des Prozesses steht dann ein Ergebnis, das dem Konsens, also einem Ergebnis ohne versteckten oder offenen Widerstände, am nächsten kommt.

Warum macht das einen Unterschied? Weil bei den üblichen Mehrheitsabfragen die Bedürfnisse und Bedenken von Minderheiten untergehen. Als Beispiel: In einer Mehrheitsabstimmung, bei der sich die „Mehrheit“ mit 55% für eine Option entscheidet, werden 45% der Stimmen überstimmt und verlieren ihren Wert. Eine Abfrage nach Widerständen ändert das, indem jede Stimme einen direkten Einfluss auf das Ergebnis hat. Das sorgt für tragfähigere und nachhaltigere Entscheidungen, denn Minderheiten werden nicht durch Mehrheitsentscheide übergangen.

Steckbrief

AnwendungsfallEntscheidungsfindung in Gruppen
GruppengrößeAb 2 Personen
MaterialEtwas zum Sammeln von Optionen (Flipchart, Whiteboard, Metaplan etc.), Abstimmzettel zur Stimmabgabe
VoraussetzungenDie Methode funktioniert besser, wenn die Beteiligten die Methode kennen und schon einmal ausprobiert haben
Werkzeugekonses.it
Methodensteckbrief für das Systemische Konsensieren

Ablauf

1. Fragestellung

Im ersten Schritt fixiert man mit der Gruppe die Fragestellung, um die es gehen soll. Geeignet sind Fragen, die über ein einfaches Ja oder Nein hinausgehen. Die Fragestellung kann auch eine Aufgabestellung sein, für die eine Lösung gesucht wird.

Ein paar Beispiele: Wieviel des Projektbudgets sollen wir für neue Geräte ausgeben? Wie wollen wir versuchen mehr Teilnehmende für unsere Angebote anzusprechen? Welches Essen sollen wir für die Seminargruppe besorgen?

2. Rahmenbedingungen und Passivlösung

Es gibt Dinge, die lassen sich (leider) nicht ändern, auch wenn man das gerne hätte. Bevor die Auswahloptionen gesammelt werden, werden noch einmal die Rahmenbedingungen geklärt. Es wird also darüber gesprochen, was nicht verändertbar ist. Zum Beispiel die Datenschutzgesetze oder Gebühren für bestimmte Dienstleistungen.

Im gleichen Schritt wird die Passivlösung der Entscheidung festgelegt, die dann greifen soll, wenn bei der Abstimmung kein Ergebnis mit geringem Widerstand zu Stande kommt. In diesem Fall greift die passivlösung, welche bedeutet: Nichts ändert sich und alles bleibt so, wie es ist.

3. Lösungsvorschläge

In diesem Schritt werden Optionen gesammelt, die als Ergebnis in Frage kommen. Dies ist eine kreative Phase, in der alle Wünsche, Bedenken und Argumente Platz haben ausgesprochen zu werden. Ähnlich wie beim Brainstorming stehen alle Vorschläge gleichberechtigt und unkommentiert nebeneinander. Manche Vorschläge können dabei auch wieder andere Vorschläge inspirieren.

4. Widerstände

Die Widerstände werden auf einer Skala von 0 bis 10 abgefragt. Jede:r Beteiligte gibt seinen/ihren Widerstand für jede aufgestellte Option an. 0 bedeutet dabei überhaupt keinen Widerstand: „ich bin absolut fein damit“. 10 bedeutet den höchsten Widerstand: „Das ist die Pest! und das kann ich wirklich nicht akzeptieren“. Wichtig dabei ist, dass wirklich zu jeder Option von jeder beteiligten Person ein Widerstand angegeben wird.

5. Auswertung

Bei der Auswertung werden alle Widerstände pro Option zusammenaddiert und durch die Anzahl der Beteiligten geteilt. Das Ergebnis ist ein Durchschnittswert pro Option. Die vorgeschlagene Option mit dem geringsten Widerstandswert kommt dem Konsens, also einem Ergebnis ohne versteckten am nächsten.

Anpassungsmöglichkeiten

Vor- und Nachteile

Manche Varianten dieser Methode ergänzen die Vorschläge um eine Liste mit gesammelten Vor- und Nachteilen. Das macht bestimmte Hoffnungen und Bedenken transparent, sorgt aber auch dafür, dass die Entscheidung vermeintlich rationaler wird. Das Systemische Konsensieren arbeitet auch bewusst mit dem Bauchgefühl, also Widerständen, die sich nicht unbedingt verbalisieren lassen.

Schnellabfrage

Die Methode kann auch in einer kleinen reduzierten Variante angewendet werden, wenn es zum Beispiel in einer konkreten Situation darum geht, ob etwas bestimmtes gemeinsam getan werden soll. In diesem Fall kann dann danach gefragt werden: Wie große ist gerade euer Widerstand, dass wir … tun? Die einfachste Möglichkeit in solch einem Fall Widerstände abzufragen, ist mit den Händen. Je mehr Finger gezeigt werden, desto höher Widerstand auf der Skala.

Credits: Beitragsbild generiert mit aramintak/bandw-manga

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